Kerbe 2/99
Der Mensch kann nicht leben ohne ein dauerndes Vertrauen zu etwas Unzerstörbarem in sich (Franz Kafka). Dieses so beschriebene Daseinsvertrauen bricht aber oftmals in der Erschütterung einer psychischen Krankheit zusammen. Erkrankung in diesem Sinne wird von dem betroffenen Menschen als etwas totales erlebt, das ihn in seiner Existenz unbedingt und absolut betrifft. Entsprechend ist er auch in seinem ganzen Menschsein gefordert in der Bewältigung seiner psychiatrischen Akutkrise und darüber hinaus in der Integration und Annahme seiner chronischen psychischen Krankheit. Hier brechen Fragen nach dem Grund des Daseins auf:
Was trägt mein Leben?
Worauf darf ich dennoch hoffen?
Wo und wie finde ich neue Orientierungspunkte?
In einer solchen Krisensituation bietet die evangelische und katholische Psychiatrieseelsorge in den Rheinischen Kliniken Kölns seit vielen Jahren vorsichtig und zurückhaltend ihre Dienste an. In dieser Arbeit nehme ich wahr, daß nicht nur christlich .sozialisierte Menschen nach religiösen Sinndeutungen und Symbolhandlungen suchen. Insofern stimme ich Gunther Klosinski zu, der in der Kerbe 4/98 schreibt: •Je bedrohlicher, je existenzieller Lebenskrisen erlebt werden, desto häufiger und elementarer sind sie gekoppelt an die religiöse Dimension.«
Mit der seit April 1999 neu eröffneten Einrichtung Seelsorge & Begegnung besteht nun die Möglichkeit chronisch psychisch kranken Menschen auch nach dem Akutaufenthalt in der Klinik kontinuierlich seelsorglich weiter zu begleiten. Sehr bewußt steht im Namen der neuen Einrichtung neben dem Terminus Seelsorge auch Begegnung. Mit dieser Bezeichnung soll Normalität und Alltäglichkeit signalisiert werden. Hier trifft man sich zu gemeinsamen gleichberechtigten Tun. So wird dem allgemeinen menschlichen Grundbedürfnis nach Ansprache, Aussprache und Begegnung Rechnung getragen. Das Seelsorgekonzept wurde entwickelt und wird “getragen von den vier Klinikseelsorgern des Psychiatrischen Krankenhause.S der Rheinischen Kliniken Köln: ein evang. Pfarrer, ein kath. Pfarrer, eine Gemeindereferentin, ein Pastoralreferent. Seelsorge & Begegnung versteht sich weder als therapeutisches Interventionssetting, erst recht nicht als klinisches Angebot, noch als Maßnahme sozialer Arbeit. Mit dem religiösen Profil der Veranstaltungen ist ein klares und eindeutiges Unterscheidungsmerkmal sowie eine sinnvolle Ergänzung zu den bestehenden Angeboten der Kontakt und Beratungsstellen gegeben.
Dargestellt an einer Veranstaltung soll dieser Zwischentitel verdeutlicht werden: · Eine Gruppe von 12 Personen, in der Altersspanne von 28-45 Jahren, trifft sich · in regelmäßigen Abständen dienstags von 16.30-)8.00 Uhr zu einem gegenseitig vereinbarten und vertrauten Ritual, das sich in einer festgelegten Reihenfolge an verschiedenen Örtlichkeiten unserer Einrichtung vollzieht. . .
Zu dem im Kontext von Psychiatrie oftmals schwierigen Thema •Glaube, Religion, Spiritualität« will Seelsorge & Begegnung sich als Gesprächspartner für professionelle Psychiatrieberufe anbieten. mit erstklassigen Referenten, die inhaltlich Wesentliches zu sagen haben, möchten wir einen Beitrag leisten, das eher tabuisierte Thema Psychiatrie und Religion sprachfähig zu machen. Veranstaltungen im Juni (Beispiel):
Veranstaltungen im Juni (Beispiel):
Donnerstag. 10. Juni. 19.30 Uhr, Frau Prof. Dr. Edith Zundel spricht zum Thema: •Psychische Störungen in der Sicht der transpersonalen Psychologie und Psychotherapie«. Die Krankheitslehre dieser transpersonalen Psychologie reicht von Psychosen im konventionellen Sinn bis zur „tiefen Nacht der Seele« eines Johannes vom Kreuz. Anhand von Fällen werden wir uns im Gespräch um eine vertiefte Sicht von „spirituellen Krisen « bemühen. Von Zeit zu Zeit sollen kulturelle Veranstaltungen integrative Begegnungen fördern und tabuisierte Ausgrenzungen aufbrechen.
Seelsorge & Begegnung ist eine neue Einrichtung des Erzbistums Köln und wird ausschließlich aus kirchlichen Mitteln finanziert.
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